Donnerstag, 19. Juni 2014

Vom Fernweh...

Seit meinem 14. Lebensjahr überkommt mich regelmäßig großes Fernweh. Ein ganz tiefer Wunsch, in die Ferne zu gehen, weit weg von allem.

Dank meiner Eltern und einigen Stipendien habe ich viele Anläufe machen können, diesen Wunsch in die Realität umzusetzen. Ich war wochenlang im Ausland, später monatelang. In der Schulzeit, im Studium....

Aber jedes Mal, wenn ich tatsächlich im Ausland war, war ich unglücklich. Richtig schlimm unglücklich.

Was besonders schmerzte war die Enttäuschung über das ausbleibende Glücksgefühl. Mir einen ganz intensiven Traum erfüllt zu haben und dann nicht zufrieden zu sein. 

Fernweh kann trügerisch sein... Wie alle Wünsche, die nicht im Hier und Jetzt erfüllbar sind.

Der Trugschluss dieser Wünsche liegt im vermeintlichen Kausalzusammenhang von Traum und Glück. Wir projizieren unser Glück in die Zukunft und damit weit weg von uns.

Fernweh ist dabei nur ein Beispiel... "Wenn ich erst Urlaub habe, geht's mir besser." "Wenn ich 5 kg abgenommen habe, bin ich bestimmt zufriedener." "Wenn ich in 2 Jahren endlich diesen Job kündige, wird alles wieder gut."

Manchmal beruhen solche Glücks-Prognosen natürlich auf gemachten Erfahrungen und treten tatsächlich ein. Manchmal aber auch nicht. Das hängt sehr davon ab, was hinter unseren Träumen steckt...

Welches Bedürfnis steckt hinter meinem Traum? Und wie kann ich das im Hier und Jetzt befriedigen?

Hinter meinem Fernweh steht zB ein Bedürfnis nach Ruhe, mit mir alleine sein, nach Momenten ohne Verantwortung und Erwartungen. Natürlich kommt noch die Lust am Reisen, an der Sprache, der anderen Kultur dazu. Aber mein Bedürfnis nach einsamen Momenten ohne (gefühlte) Verantwortung ist für mich das entscheidende....

Wenn also mein Fernweh kommt, weiß ich inzwischen, was das bedeutet: ich brauche mehr Zeit für mich alleine. Das ist im Alltag nicht so leicht umzusetzen, gebe ich zu. Aber es ist sehr viel einfacher, als eine Weltreise zu machen...

Träume und Wünsche sind etwas Wunderbares. Sie dürfen uns nur nicht daran hindern, im Hier und Jetzt dafür zu sorgen, dass es uns gut geht.

Wie ist es bei Euch? Welche Bedürfnisse stehen hinter Euren Träumen? Und wie könnt Ihr sie umsetzen?

Freitag, 9. Mai 2014

Am Sonntag ist Muttertag und Du bist nicht da.


Noch zweimal schlafen, dann ist Muttertag.
Meine Töchter sind schon ganz aufgeregt, weil sie im Kindergarten etwas für mich gebastelt haben.
Habe ich Dir früher auch Sachen gebastelt?

Ich glaube, der Muttertag war Dir nie so wichtig. So wie Dir vieles nicht wichtig war, was Dich geehrt hat oder geehrt hätte.

Ich weiß aber, dass Du am Sonntag gerne bei uns wärst. Dass Du überhaupt gerne noch bei uns wärst. In unserer Mitte. Mitessen, mitfeiern, mitreden, mitleben – das hat Dich erfüllt.

Am Sonntag ist Muttertag und Du bist nicht da.

Heute morgen hat die Kleine ein Wort geschrieben. Die Große fand, dass sie sich dafür ein Geldstück verdient hätte ;-) So hat sie Omis Portemonnaie rausgekramt und der Kleinen großzügig 2 Cent in die Hand gedrückt...

Dabei sind wir über Deine Jahreskarte für den Zoo gestolpert. Du selbst hast Dich im letzten August gewundert, dass Du 9 Monate vorher noch optimistisch genug warst, um eine Jahreskarte für den Zoo zu kaufen. Ich bin sehr froh, dass Du so optimistisch warst. Es wäre sonst nur noch schlimmer gewesen.

Mit jedem Tag akzeptiere ich ein wenig mehr, dass Du (physisch) nicht mehr bei uns bist. Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich nicht mehr andauernd an Dich denke und nicht mehr andauernd traurig bin. Aber was bleibt mir anderes übrig?

Am Sonntag ist Muttertag und Du bist nicht da.

Ich habe dem Muttertag bisher auch keine große Beachtung geschenkt. Ich freue mich über die Basteleien der Kinder und über ihre Freude, mich zu beschenken.

Aber dieses Jahr fühlt es sich anders an. Es fehlt etwas. Jemand.

Natürlich bin ich alt und erwachsen genug, ohne Mutter zu sein, zu leben, zu existieren, zu denken, zu entscheiden, zu lachen und zu weinen. Natürlich bin ich alt und erwachsen genug, mich meinem Leben zu stellen, meine Rollen zu definieren und auszufüllen. Natürlich bin ich alt und erwachsen genug, um zu wissen, dass die Natur das so vorsieht. Dass Du nicht zu jung warst zum Sterben und dass Du am Ende auch gehen wolltest.

Und trotzdem fehlst Du. Du fehlst mir. Niemand auf der Welt hat mich so bedingungslos geliebt wie Du. Mein Kopf kann alles akzeptieren, aber am Sonntag ist Muttertag und Du bist nicht da...

Donnerstag, 24. April 2014

Gefühle und ihre Ventile...

An Ostern haben wir - auf Wunsch meines Neffen (8) - im Garten Fußball gespielt... Er hat das alles ganz wahnsinnig ernst genommen: mit Trikot, Trillerpfeife, gelber Karte - das ganze Programm. Und gekämpft hat er. Wie ein Stier.

Nach 30 Minuten war Abpfiff, und seine Mannschaft hatte verloren. Oh je... Tränen, Wutausbrüche - Drama!! Die Welt war ungerecht, unfair, alle gemein und schlecht. Seine Mimik erinnerte an den wehrten Herrn Klopp - nur kamen auch noch dicke Kullertränen dazu. Der Arme war vollkommen fertig.

Dieses Schauspiel brachte seine Mutter dazu, Shakespeare zu zitieren...was meinem Neffen weniger half, aber ich fand's spannend :-) In Othello heißt es nämlich:

"...But I will wear my heart upon my sleeve..."

"Ich will mein Herz an meinem Ärmel tragen..." - sinngemäß: "Ich will, dass alle sehen, was ich fühle..."

Mein Neffe trägt also, wenn es um Fußball geht, sein Herz an seinem Ärmel.
Wie der Herr Klopp im Übrigen auch...

Jürgen Klopp, Foto: BZ Berlin
Ich bewundere diese Menschen. Es hat so etwas Rohes und Authentisches, seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Natürlich haben diese Gefühlsausbrüche, egal ob es um Verzweiflung, Freude, Wut oder Glück geht, auch häufig etwas Gefährliches, wenn sie so ungefiltert daherkommen. Sie können andere verletzen oder sich selbst schaden (vor allem im Zeitalter von youtube, facebook und instagram)...

Aber ich beneide sie trotzdem.

Ich persönlich trage mein Herz eher nicht an meinem Ärmel. Ich verstecke es lieber darunter. Und manchmal frage ich mich: Warum? Warum weine ich nicht, wenn ich traurig bin - warum schreie ich nicht, wenn ich wütend bin - warum zeige ich nicht, wie verletzt ich bin?

In Othello heißt es weiter...

"But I will wear my heart upon my sleeve For daws to peck at..."

Jago ist sich sicher, dass die Krähen sein Herz zum Fraß nutzen werden, wenn er es an seinem Ärmel trägt.

Vielleicht ist das auch meine Angst? Gefühle sind etwas so Rohes und Authentisches, dass ich Angst habe, sie könnten gegen mich verwendet werden. Weil sie in das Bild, das andere von mir haben oder haben könnten, nicht reinpassen. Weil sie in meinem selbst erfundenen Korsett der Abgeklärtheit und Stärke keinen Platz haben. Das ist meine Prägung: analytisch und cool bleiben. Egal, was passiert.

Ist das gesund?

Wahrscheinlich nicht. Aber manchmal - da kommen sie ja doch einfach raus, die Gefühle. Auch bei mir. Meistens in Momenten, in denen ich unglaublich glücklich bin und ich dieses Glück auch zulasse, kommt plötzlich und unerwartet ganz viel zum Vorschein, was ich sonst gerne unter meinem Ärmel verstecke... Ein Ventil geht auf, und eine Flut an ungeahnten Gefühlen schwemmt aus mir heraus: Glück, Wut, Trauer, Erfüllung, Leidenschaft - das ganze Programm.

Das ist dann wie ganz schnell Karrussel fahren oder zu viel Sekt trinken...

Zugegeben: das ist nicht immer schön und tut auch manchmal weh. Aber es ist reinigend. Und: wenn ich meine Trauer offen zeige, werde ich von anderen in den Arm genommen - wenn ich wütend bin, werde ich beschwichtigt (oder selbst angeschrien - shit happens) - wenn ich glücklich bin, bekomme ich das Glück zurückgespiegelt...Wenn ich offen bleibe, bekomme ich auch Offenheit zurück. Das übe ich momentan. Das macht manchmal Angst, aber es bleibt auf jeden Fall spannend.

Und falls die Krähen doch mal kommen? Kein Problem. So böse gucken wie der Herr Klopp kann ich auch ;-)

Montag, 7. April 2014

...bis die Seele nachkommt...

Kennt Ihr das Gefühl, dass Ihr Euch so schnell bewegt habt in letzter Zeit, dass Ihr gar nicht mehr bei Euch seid? Dass Ihr gar nicht mehr wisst, wo oben und unten ist?

Es mag daran liegen, dass ich selbständig bin, aber ich bin vom Begriff der "Work-Life-Balance" nicht so angetan. Die Arbeit ist doch einfach Teil unseres Lebens - so wie viele andere Bereiche auch. Familie, Hobbies, Zeit für uns, Reisen, Lernen etc. Natürlich meint der Begriff Work-Life-Balance genau das: das Ausbalancieren verschiedener Lebensbereiche. Das hat viel mit Prioritäten setzen zu tun, mit Zeit- und Stressmanagement und mit Achtsamkeit...

Work-Life-Balance oder Kopf-Herz-Balance ?

Womit wir erstens wieder bei meinem aktuellen Lieblingsthema wären und dann aber auch bei dem Balance-Akt, der mir persönlich noch schwerer fällt: das Ausbalancieren von Kopf und - ich nenne es mal - Herz (Emotionen). Alternativ könnte ich auch Bauch sagen... oder Seele...

Es passieren - unbestritten - wunderbare Dinge in unseren Köpfen, aber sie sind schlicht nicht die Alleinherrscher. Unsere Emotionen arbeiten ja - ob wir wollen oder nicht - ebenfalls die ganze Zeit, und denen ist es wirklich (excuse my French) sch... egal, welche Theorien sich unser hübscher Kopf so zurechtlegt.

Mein Kopf - meine Comfort-Zone

Immer wenn ich mich besonders schnell bewege, wenn besonders viel passiert in meinem Leben, wenn ich mich in Beruf- und/oder Privatleben überschlage vor Plänen, Aktionen und Reaktionen, dann ist die Gefahr groß, dass ich versuche, meine Emotionen auszublenden. Ich analysiere, rationalisiere und argumentiere (letzteres mit besonderer Leidenschaft ;-)).

Das ist der Modus, in dem ich mich vermeintlich wohl fühle. Und das geht sogar eine Weile gut!

Aber irgendwann rächt sich dieser Kopf-Modus leider. Immer. Im besten Falle platzen die Gefühle irgendwann einfach heraus. Vielleicht getriggert durch Musik (nie wieder so schön verfilmt wie hier: Bridget Jones' "All by myself") - oder in einem Gespräch mit jemandem, der uns ernsthaft und interessiert fragt, wie es uns geht...

Wenn unsere Emotionen aber sehr lange kein gesundes Ventil finden, dann verschaffen sie sich auf andere Weise Gehör: Müdigkeit, Schmerzen, Hörstürze, Depressionen, andere Krankheiten...

Ich schreibe gerade an einem längeren Beitrag zum Thema "Burnout" (wird auch hier zu lesen sein!) - und in diesem Zusammenhang habe ich eine beeindruckende Geschichte gehört, die ich gerne mit Euch teilen möchte...

"Ein europäischer Forscher ist in Indien auf Expedition und hat dafür indische Träger beauftragt, ihn zu begleiten. Der Forscher ist in großer Eile, will schnell an sein Ziel kommen. Nachdem die Gruppe den ersten großen Pass überquert hat, erlaubt der Forscher den Trägern eine kurze Pause. Als er aber nach ein paar Minuten wieder zum Aufbruch ruft, bleiben die Träger einfach sitzen. Sie schweigen und blicken zu Boden. Der Forscher versucht, sie mit verschiedenen Methoden zum Aufbruch zu motivieren, aber sie ignorieren ihn und bleiben weiter sitzen. Er versteht die Welt nicht mehr. Als nach ein paar Stunden plötzlich alle wieder aufstehen und weiterlaufen, fragt der Forscher einen der Träger, warum sie die ganze Zeit nicht laufen wollten und jetzt plötzlich wieder aufstehen. 
Da sagt der Träger: "Wir konnten noch nicht weitergehen. Wir mussten erst noch warten, bis unsere Seelen nachgekommen sind."

...bis die Seele nachkommt...

Ich habe in meinem Leben selten darauf gewartet, dass meine Seele nachkommt. In unserer schnellen, vollen Welt finde ich meistens Spannenderes und vermeintlich Wichtigeres, so dass achtsames Warten nicht gerade attraktiv scheint. Aber wenn ich meiner Seele mit meinem Kopf davonrenne, rächt sich das. Jedes Mal.

In meinen Augen brauchen wir nicht zwingend Meditation, Yoga oder ähnliches, um eine bessere Balance herzustellen. Vielleicht reichen bewusste Pausen? Vielleicht reicht es sogar schon, sich jeden Tag die einfache Frage zu stellen "Wie geht es mir heute?" und diese ehrlich zu beantworten?

Uns und unsere Umwelt achtsam wahrnehmen und wieder ein Gefühl dafür kriegen, wo unten und oben ist... Das müsste doch zu schaffen sein...?!?


Montag, 17. März 2014

Hätte / Könnte / Sollte...

...was mich immer wieder auf die PALME bringt, ist folgendes....

"Wir fahren im Sommer in die Provence." - "Ohhh, toll!! Da wollte ich eigentlich auch schon immer mal hin. Hab's aber nie geschafft."
"Ich habe jetzt wieder mit Tennis angefangen." - "Echt??? Das wollte ich auch schon immer mal spielen. Hab's aber nie gemacht."
"Wir gehen heute abend ins Kino." "Oh Mann, wie lange war ich nicht mehr im Kino...."

Ich würde dann gerne mal schreien:  
"WARUM MACHT IHR'S NICHT EINFACH?????"

Aber so einfach mache ich es mir natürlich nicht. Als Coach frage ich mich als erstes: Was steckt denn hinter diesem innerlichen Wutausbruch? Warum diese heftige Emotion?

Sollte sich jemand an dieser Stelle fragen: ja, es ist manchmal anstrengend diese Coaching-Nummer... ;-) Aber ich will's ja dann auch wirklich wissen...

Also, warum flippe ich aus, wenn mir jemand gegenübersteht und bedauert, etwas nicht getan zu haben??

Man möchte jetzt meinen, dass ich selbst auch bereue, vieles nicht getan zu haben. Wäre jetzt so am naheliegendsten... Aber ich glaube, das ist nicht der Grund...

....und das ist ja das Schöne am Selbst-Analysieren: man hat alle Freiheiten, es kontrolliert niemand!!

Ich glaube, dass es daran liegt: Die Hummeln in meinem Allerwertesten waren meistens stärker als mein Schweinehund. Das gilt natürlich nicht für alle Bereiche in meinem Leben, aber wenn ich so zurückblicke, habe ich eine erstaunliche Anzahl von fixen Ideen mehr oder weniger direkt umgesetzt.

Wer jetzt denkt, das sei hier eine Selbst-Lob-Arie, der liegt SEHR daneben.

Fixe Ideen heißen ja nicht umsonst fixe Ideen... 

Sie entstehen äußerst schnell und werden vielleicht von Menschen wie mir äußerst schnell umgesetzt - das heißt aber leider überhaupt nicht, dass dies zwingend auch gute Ideen sind.

Hier ein paar Beispiele aus meinem Leben:
  • Die Anmeldung für ein englisches Internat (Hanni und Nanni waren Schuld!)
  • Der Versuch im Kunstturnen (okay, da war ich noch sehr klein)
  • Vier schreckliche Heimwehmonate in Frankreich
  • Vier schreckliche Heimwehmonate in Boston
  • Der eine oder andere Job, den ich mit 2 Mal überlegen sicherlich nicht gemacht hätte
  • Das optionale Studienfach "deutscher Kulturraum" (da saßen sonst nur chinesische und - kein Witz - bayrische Kommilitonen) usw.
Die Liste fixer Ideen, die ich zu meinem eigenen Schrecken direkt umgesetzt habe, lässt sich ziemlich beliebig fortfahren...

ABER glücklicherweise gibt es auch noch eine andere Liste: nämlich die Liste der fixen Ideen, die ich zu meinem nachhaltigen Wohl umgesetzt habe. Und auf die bin ich auch stolz.

Menschen wie ich mögen zu Um- und Irrwegen, zu vielen Abbrüchen, Karrierewechseln und ganz sicherlich auch zum Burnout neigen... Aber man kann uns zumindest nicht vorwerfen, wir hätten es nicht versucht.

Trotzdem beneide ich manchmal die Menschen, die etwas länger zögern, etwas bedachter sind. Deren Hummeln etwas gehemmt werden vom Schweinehund. Deren Antreiber nicht "SCHNELL, SCHNELL, SCHNELL" und "JETZT, JETZT, JETZT" sind...

Obwohl - wie immer - die Mitte doch das beste wäre. "Wir bereuen am Ende nur das, was wir nicht gemacht haben"?!? Ich weiß nicht, ob ich ohne die Verwirklichung der einen oder anderen Idee nicht vielleicht sogar glücklicher gewesen wäre. Deshalb vielleicht besser das zum Abschluss:

"Für Ziele, zu denen Dein Herz nicht rät, für die ist es zu spät."

Und was Dein Herz Dir rät? Tja, das gilt es herauszufinden... Und zwar JETZT!!! :-)


+++ Coaching-Pakete 2014 +++

Dienstag, 4. März 2014

Eine Frage der Haltung....

Ich weiß nicht, ob das nur bei mir so ist, aber in meinem Umfeld gibt es momentan viele, viele Schicksalsschläge... Vor allem schwere Krankheiten...

Meine Mutter hatte ein Wort, das sie in den Monaten, Wochen und Tagen vor ihrem Tod mehrmals am Tag bemühte: nämlich Resilienz. Weil viele nicht wissen, was das bedeutet, hatte sie mir (rücksichtsvoll wie sie immer war) verboten, das Wort in ihrer Grabrede zu benutzen (was ich eigentlich gerne getan hätte, weil es so gut zu ihr passte) - deswegen hole ich das jetzt hier nach.

Laut Wikipedia bedeutet Resilienz (lateinisch resilire ‚zurückspringen‘, ‚abprallen‘) Widerstandsfähigkeit. Und weiter:

Resilienz beschreibt die Toleranz eines Systems gegenüber Störungen.

Resilienz ist an vielen Orten zu bewundern. Im Großen: Wenn ganze Sklavenstämme trotz ihrer mehr als misslichen Lage nicht an Lebenslust oder auch Kampfgeist verlieren - und im Kleinen: wenn ich es trotz eines Beinbruchs schaffe, bei guter Laune zu bleiben.

Meine Mutter sah - so war sie eben - nicht, dass sie selbst ein Paradebeispiel für Resilienz war. Aber wir konnten es alle sehen: stark, empathisch, tapfer - und vor allem (trotz todkranken Körpers) unglaublich zufrieden und glücklich über die kleinen Dinge. Über den Sonnenschein, über die lachenden Enkel (Kinder sind auf ihre Art und Weise die resilientesten Systeme auf Gottes Erdboden...), über lieben Besuch, eine Fahrradtour, über Blümchen, frische Luft, ein gutes Buch, über alles, was das Leben eben lebenswert macht...

Und das ist der Punkt, an den ich in letzter Zeit immer wieder zurückkomme: Warum gelingt uns diese Haltung häufig erst, wenn es eine Störung im System gibt? Warum ärgere ich mich heute über die kleinen Dinge und merke morgen, dass das so nichtig war wie sonstwas?

Ich habe nach dem Tod meiner Mutter ein paar Wochen andächtig in einer Haltung verbracht, die sie stolz gemacht hätte: ich habe die kleinen Momente genossen, war geduldig mit mir und meinen Mitmenschen und tolerant gegenüber dem Leben. Seit einiger Zeit verwischt sich diese Haltung leider im Alltag. Ich ärgere mich wieder häufiger über Kleinigkeiten und lasse mich von Nichtigkeiten stressen... Und dann ärgere ich mich über mich selbst, weil ich mich ärgere...

Im bewussten Wahrnehmen von Glück und Unglück liegt unser Potential für Resilienz. 

Die einzige Lösung hierfür ist in meinen Augen das BEWUSSTE Leben und Erleben. Sowohl von den traurigen Momenten als auch von den Glücksmomenten. Wenn wir dieses Spannungsfeld jeden Tag aufs Neue bewusst und achtsam wahrnehmen, dann müsste eine kraftvolle, positive Haltung doch auf Dauer möglich sein...?!?

Diese Hoffnung motiviert mich zumindest für meine Post-Karnevals-Meditation diese Woche... 

Mittwoch, 12. Februar 2014

Alter Schwede, was da so abgeht...

Heute morgen 6 Uhr klingelt mein Wecker. Eine halbe Stunde früher als sonst. Der Grund: ich probiere seit ein paar Tagen etwas aus, das - wenn man der Literatur Glauben schenken darf - Berge versetzen, Gene verändern und uns glücklich und gesund machen kann. Nämlich: die Meditation.

Kopfmensch, der ich bin, habe ich natürlich erst einmal viel dazu gelesen. Ein Narr wäre ich, wenn ich mir eine halbe Stunde wohlverdienten Schlaf rauben würde, wenn ich nicht FAST sicher wäre, dass es mir was Gutes bringt...

Zu empfehlen sind Bücher wie "Wherever you go, there you are" (Jon Kabat-Zinn, Amerikaner, entsprechend kurzweilig ist auch das Buch), "Die Kunst stillzusitzen" (Tim Parks, Brite, noch kurzweiliger, allerdings geht es am Anfang SEHR detailliert um seine Prostata - muss man mögen...) oder "Das Achtsamkeitsbuch" (Weiss, Harrer, Dietz, Deutsche, entsprechend gründlich ist der Text, aber trotzdem gut zu lesen).

Gelesen hatte ich also erst einmal genug. Über Meditation, Achtsamkeit und - achtung! - Psychoneuroimmunologie (das dürft Ihr bitte selbst nachlesen...).

20 Minuten Stille. Hat jemand Stille gesagt?

Dann der Versuch in der Praxis. Montag morgen, 6.10 Uhr. Ohne Kurs, ohne Plan, einfach hinsetzen (einen schönen Platz vorm Fenster hatte ich am Abend vorher mit einem Kissen versehen) und: nichts machen. Der Wecker ist auf 6.30 gestellt - falls ich wieder einschafe... Aber ich schlafe nicht wieder ein! Denn von wegen Stille: still ist es sowas von überhaupt nicht. Was da ABGEHT in meinem Kopf! Unfassbar... Im normalen Chaos des Tages fällt einem das ja gar nicht so auf! Aber jetzt, wo ich versuche, mich voll und ganz auf meinen Atem zu konzentrieren, da fällt mir auf, wieviele Ebenen von Gedanken da übereinander herumschwirren. Vollkommen unkontrolliert.

"EINATMEN - wo geht die Luft eigentlich hin? Mein Po tut etwas weh. Darf ich mich bewegen? Oder ist die Wirkung sonst dahin? Oh, ich denke schon wieder. AUSATMEN - ich muss gleich gähnen. Darf ich gähnen? Neulich hat mir jemand erzählt, dass man nur mit anderen Personen mitgähnt, die man mag. Bei denen, die man nicht so mag, da gähnt man auch nicht mit. Ich habe aber schonmal gegähnt, als ein Hund gegähnt hat.. War der mir vielleicht besonders sympathisch...? Oh, schon wieder gedacht. EINATMEN - Einatmen, Einatmen, Einatmen, nur nicht an was anderes denken. Ob mein Wecker gleich schon klingelt? Nee, so lange ist es noch nicht. Hoffentlich wachen die Kinder nicht auf. Mal gucken, was wir heute zum Frühstück essen. Ich habe eigentlich keine Lust auf Müsli, aber dann will die Kleine auch kein Müsli, und dann fängt das Theater wieder an... Ups! AUSATMEN - Ausatmen, ausatmen, ausatmen - also, wenn ich das Wort so ganz oft vor mich hin sage, dann klappt es etwas besser. Ich weiß nicht so recht - lohnt es sich, dafür so früh aufzustehen? Naja, die Frau gegenüber war eben auch schon wach. Muss sie so früh zur Arbeit? Also, ich glaube ich esse gleich doch ein Müsli......."

...und die restlichen 19,5 Minuten sahen nicht stiller aus.

This is it.

Der Trick ist ja, in diesem Moment zu bleiben. Jon Kabat-Zinn sagt dazu "This is it". Wir sollen lernen, den Moment zu akzeptieren, wie er ist. Er ist nicht besser und nicht schlechter als er einfach ist. Das gilt natürlich nicht nur für die 20 Minuten Meditation am Tag, sondern auch für alle anderen Momente im Leben.

Ich finde dieses Konzept der Achtsamkeit einfach großartig. Ich stehe natürlich noch ganz am Anfang und weiß nicht, ob es mir in den nächsten 10 Jahren mehr als 2 Sekunden am Stück gelingen wird, nur zu SEIN, anstatt zu denken. Aber noch habe ich Hoffnung. Außerdem ist das wichtigste dabei, sich nicht unter (Leistungs-)Druck zu setzen. Und das tut doch sehr gut zur Abwechslung.

Vielleicht sollte ich es morgen mal mit dem Wort "Psychoneuroimmunologie" als Mantra zum Meditieren versuchen - das sollte mich doch ziemlich achtsam halten für ein paar Minuten.... oder?!? I'll keep you posted...

Freitag, 17. Januar 2014

Meine Tennisplatzhälfte, Deine Tennisplatzhälfte

Stellt Euch mal einen Tennisplatz vor: zwei gleichgroße Hälften liegen sich gegenüber - getrennt von einem Netz.

Ich spiele seit mehr als 25 Jahren (ich werde auch nicht jünger....!!!) leidenschaftlich gerne Tennis. Und wie es der Zufall so will, hat meine Lieblingsmetapher für Beziehungen jeglicher Art (zu Partnern, Freunden, Müttern, Kindern, Kollegen) mit Tennis zu tun...

Die Metapher ist so simpel wie genial: 

Bleib auf Deiner Hälfte des Tennisplatzes. 

Du darfst spielen, schreien, Tipps geben, sprechen, jammern, fragen. Aber Du bleibst auf Deiner Hälfte.

Du darfst nicht übers Netz greifen, dem Gegenüber den Schläger aus der Hand nehmen, für ihn den Ball schlagen, ihn in eine Richtung schubsen, hinter ihm stehen wie ein Marionettenspieler und ihm Anweisungen ins Ohr flüstern.

Du bleibst auf Deiner Seite.

Die Anweisung scheint simpel, aber wie oft brechen wir diese Anweisung im alltäglichen Leben? Wie oft helfen wir - ungefragt - Freunden, Partnern oder sogar Kindern, obwohl sie es auch alleine machen oder zumindest versuchen könnten? Wie oft schubsen wir Menschen, aus den scheinbar besten Motiven, in eine bestimmte Richtung, weil WIR denken, dass diese Richtung die beste für sie ist? Wie oft nehmen wir anderen ihre Schläger aus der Hand, weil wir uns im Recht fühlen?

Natürlich dürfen wir Nahestehenden helfen, sie unterstützen - wenn sie uns darum bitten. Aber auch dafür können wir auf unserer Seite bleiben! Wir können dem Gegenüber seine gleich große Hälfte des Platzes zusprechen und auch zutrauen.

Vielleicht umlaufen sie immer wieder die Rückhand, vielleicht spielen sie nicht so wie wir es für richtig halten, vielleicht brechen sie die Regeln oder gehen sogar ganz vom Platz. All das ist ihre Entscheidung.

Meine Platzhälfte gehört mir.

Das Schöne ist, dass das im Umkehrschluss bedeutet, dass ich absolute Hoheit über MEINE Tennisplatzhälfte habe. Auch das vergessen wir manchmal. Vor allem wenn es sich in bestimmten Freundschaften oder Beziehungen so eingeschlichen hat, dass beide fast immer auf ein- und derselben Platzhälfte herumstehen...

Aber auf meiner Seite hat niemand was verloren! Ich allein entscheide, was für mich gut und richtig ist. Wenn ich einen Fehler mache oder unzufrieden bin, dann halte ich kurz an, ärgere mich, schreie und schimpfe vielleicht sogar im McEnroe Style. Dann schaue ich mich um und erkenne mit Wohlwollen: kein Mensch auf meiner Hälfte.
Das kann manchmal beängstigend sein - aber auch wahnsinnig befreiend...

...WORAUF WARTEN WIR?
 ### jetzt online : Coaching 2014 ###

Freitag, 10. Januar 2014

Glück ist out, Zufriedenheit ist in ?!

"Ich möchte einfach nur zufrieden sein" klingt in meinen Ohren erstmal - ganz ehrlich - bums-langweilig. "Ich gebe mich mit den kleinen Dingen schon zufrieden." Schnarch.
Nachdem ich aber gerade einen Artikel gelesen habe über die Zufriedenheit, ist zufrieden sein eigentlich gar nicht so langweilig...

Glück und Freude sind zwar intensiver als die Zufriedenheit, aber sie halten dafür nicht so lange an. Kein Mensch ist 365 Tage im Jahr glücklich (und wenn doch, dann muss man schon das Werk ganz besonderer Drogen vermuten). Aber zufrieden? Ich denke schon, dass es möglich ist, sagen wir mal mindestens 330 Tage im Jahr zufrieden zu sein. Und das ist ja schonmal was.

Wie werden wir zufrieden? 

In dem Artikel heißt es, dass die Zufriedenheit davon abhängt, wie groß die Lücke ist zwischen unserem "Ist-Zustand" und unserem "Ideal-Zustand" (Level 10! Erinnert Ihr Euch?). Wenn diese Lücke relativ klein ist oder wir uns auf einem guten Weg sehen, diese Lücke zu verkleinern oder gar zu schließen, sind wir zufrieden.

Wenn wir uns aber von unserem Ideal-Zustand weit entfernt fühlen und unzufrieden sind, haben wir zwei Möglichkeiten: A) Wir werden aktiv - wir tun etwas, um das Ideal zu erreichen oder B) Wir passen das Ideal unserem Ist-Zustand an, wir senken also unsere Ansprüche.

Natürlich sind wir es in unserer Optimierungsgesellschaft gewöhnt, das Ideal aktiv erreichen zu wollen. Ansprüche senken?? Nicht mit mir. Dinge einfach geschehen lassen?? Bescheiden sein?? Bäh.

Obwohl...

Unattraktiv klingt das alles eigentlich nicht, was die Autorin da empfiehlt:
  • Gelassenheit üben ("reflektierte Indifferenz" - klingt doch geil, oder?)
  • Alle Gefühle, auch die negativen, einladen und akzeptieren (puuhh...)
  • Andere und uns selbst nicht mehr so hart bewerten (och, schade...)
  • Uns nicht mit anderen vergleichen - schon gar nicht "nach oben", lieber "nach unten" (also mehr Trash-TV gucken!)
  • In der Gegenwart leben (Gehirnkarussell auch mal abschalten!)
Das klingt doch alles ganz entspannt. Durchatmen, relaxen, Beine hoch legen und sich nicht immer mit anderen vergleichen... Zufrieden sein klingt von Satz zu Satz besser.

Zumal zum Schluss des Artikels dann noch ein ziemlicher Hammer kommt:

"Wir haben kein Recht auf Glück..." 

Seit dem letzten Jahr habe ich so eine Ahnung, dass dem wirklich nicht so ist. Wir haben kein Recht auf Glück. Auf ein hartes Jahr folgt nicht unbedingt ein erfolgreiches Jahr - und schon gar nicht ein glückliches. Das ist die harte Realität. Wir können noch so lange arbeiten und schuften und auf das große Glück hoffen, aber es kann sein, dass auf ein hartes Jahr einfach noch ein hartes Jahr folgt und dann noch eins und dann noch eins.

Glücklich zu sein in solch schwierigen Zeiten ist fast unmöglich, weil der Zustand des Glücks den der Trauer weitgehend ausschließt, oder den der Wut und den der Angst... Aber Zufriedenheit schließt diese negativen Emotionen eben nicht aus, sondern integriert sie im positivsten Sinne. Ist das nicht viel attraktiver als die ewige Hoffnung auf kurze Glücksmomente?

Das soll jetzt nicht heißen, dass ambitionierte Ziele und große Taten nicht auch erstrebenswert sind und uns glücklich machen können!

Aber im Sinne einer fast-alljährlichen Zufriedenheit probiere ich es 2014 doch öfter mal mit der "reflektierten Indifferenz". Die habe ich wenigstens in der Hand.

Egal wie langweilig ich jetzt klingen mag...

...WORAUF WARTEN WIR?
 ### jetzt online : Coaching 2014 ###

Montag, 6. Januar 2014

Stress im Kopf

Es ist der erste Montag im Januar. Da wird sie wieder rausgekramt... zwischen den Jahren vergessen, bewusst verdrängt, aber heute - spätestens - muss sie wieder aktiv werden. Meine To-do-Liste.

Ich gebe zu: ich persönlich bin ein totaler To-do-Listen-Nerd. Seit ich denken kann, mache ich Pläne und Listen in allen möglichen Varianten, um nichts zu vergessen und Struktur ins tägliche Chaos zu bringen...

Egal, ob Ihr Listen liebt oder hasst - hier ein kleiner Trick für Eure täglichen Planungen, der garantiert Stress mindert!

Am Ende Eures Arbeitstages - sei es mittags, abends oder mitten in der Nacht: schreibt Euch zwei Dinge heraus, die Ihr am nächsten Tag als allererstes bearbeiten werdet. Das sollten im besten Falle die beiden dringendsten Dinge und gerne auch eine unangenehme Sache von Eurer To-do-Liste sein. 

Diese einfache Vorgehensweise hat drei unschlagbare Vorteile: 1. Euer Kopf stellt sich, auch wenn Ihr in den Feierabend geht, unterbewusst schon einmal auf die Bearbeitung dieser beiden Aufgaben ein; 2. Ihr verwendet morgens keine Zeit mehr darauf, Euch neu zu strukturieren, sondern könnt direkt loslegen; 3. es kann am nächsten Tag spätestens mittags die Hölle losbrechen (und wie wir alle wissen, passiert das öfter als man denkt), aber Ihr werdet die beiden wichtigsten Dinge trotzdem erledigt haben.

Stress im Kopf 

Eines sollte uns klar sein: egal wie voll die Listen im Kopf, im Smartphone oder auf Papier sind - der STRESS beginnt im Kopf. Es werden Anforderungen an uns gestellt, wir fühlen Druck von verschiedenen Seiten... Geld verdienen, Projekte zuende bringen, Prüfungen bestehen, Kindern gerecht werden etc. Aber ob wir diese Aufgaben als Stress bewerten oder ob wir uns ihrer bewusst und mit der größt möglichen Freude und Intensität widmen - das haben wir selbst in der Hand.


... in diesem Sinne: WORAUF WARTEN WIR?
### ab jetzt online : Coaching 2014 ###